Masterarbeit über die Auswirkungen der Aufstallung

Am Wissenschaftlichen Geflügelhof werden die Folgen der Aufstallung untersucht.

Ziel der Masterarbeit von Alice Liebau ist es herauszufinden ob verschiedenen Haltungsbedingungen das Verhalten von Hühnern hinsichtlich Angst, Aggressivität und Stress beeinflusst. Zudem wird ermittelt, ob der Futterverbrauch, die Legeleistung und Eigewichte, sowie deren Qualität von der Haltungsbedingung abhängig sind.

Gerade zu Zeiten, in denen uns das Thema der Vogelgrippe sehr beschäftigt, sind die hier gewonnen Informationen von großem Nutzen.  

Für die Untersuchung wurden zwei alte einheimische Zweinutzungsrassen die Deutschen Sperber und die Rheinländer sowie eine neue Zuchtlinie der Lohmann Tierzucht GmbH ausgewählt. Es wurden jeweils pro Rasse zwei Zuchtgruppen mit je zehn Hennen und einem Hahn in zwei verschieden Haltungsformen eingestallt.  

Die erste Haltungsform mit einer Unterbringung mit einem Innenstall und angrenzender überdachter Außenvoliere entspricht den Vorgaben der Aufstallpflicht. Alternativ wurde ein Stallgebäude auf einem umzäunten Grünauslauf gewählt.  

Die Ergebnisse der Masterarbeit werden Mitte 2017 erwartet.  

 

Nachfolgend finden Sie die detaillierte Projektbeschreibung.

Aktuelles Projekt am Wissenschaftlichen Geflügelhof des BDRG: Einfluss verschiedener Haltungsbedingungen auf das Verhalten von Zweinutzungsrassen des Haushuhns

Im Rahmen meiner Masterarbeit, für den Abschluss des Masterstudiums im Bereich Tierwissenschaften an der Universität Bonn, läuft seit Juni 2016 ein Projekt zu dem Verhalten und dem Wohlbefinden von Zweinutzungsrassen des Haushuhns am Wissenschaftlichen Geflügelhof des BDRG in Rommerskirchen. Das Ziel dieser Arbeit ist es herauszufinden, ob Zuchtgruppen, die unter verschiedenen Haltungsbedingungen untergebracht sind, sich in ihrem Verhalten bezüglich Angst, Aggressivität und Stress unterscheiden. Zudem wird ermittelt, ob der Futterverbrauch, die Legeleistung und Eigewichte, sowie deren Qualität von der Haltungsbedingung abhängig sind.

Bei den Haltungsbedingungen wurde einmal eine Unterbringung mit einem Innenstall und angrenzender überdachter Außenvoliere gewählt und im anderen Fall ein Stallgebäude auf einem umzäunten Grünauslauf, wie man es häufig im Rassegeflügelbereich findet. Die erste Haltungsform würde im Falle einer Aufstallpflicht im Zuge der Vogelgrippeproblematik den geltenden Vorgaben entsprechen, da durch die Überdachung und seitliche kleinmaschige Einzäunung kein Kontakt zu Wildvögeln oder deren Ausscheidungen möglich ist. Die zweitgenannte Haltungsform erfüllt diese Anforderungen nicht, entspricht aber dem, was als „artgerecht“ für das Rassegeflügel angesehen wird. In der Untersuchung ist es von besonderem Interesse, wie sich die Tiere unter den verschiedenen Haltungsbedingungen verhalten und in welcher Haltungsform sie „gestresster“ sind.

Um dies zu untersuchen wurden zwei alte einheimische Zweinutzungsrassen aus dem Rassegeflügelbereich und eine neue Zuchtlinie der Lohmann Tierzucht GmbH beobachtet. Bei den Rassen handelt es sich um die Deutschen Sperber (Abb. 1), Rheinländer (Abb. 2) und die Zweinutzungslinie Lohmann Dual (Abb. 3). Pro Rasse wurden zwei Zuchtgruppen mit je zehn Hennen und einem Hahn in die zwei verschieden Haltungsformen eingestallt. Die Deutschen Sperber und Rheinländer wurden Mitte Juli 2016 mit einem Alter von vier Monaten in den verschiedenen Haltungsformen untergebracht. Die Lohmann Dual folgten Mitte September mit einem Alter von zwei Monaten. Die Tiere werden für ein halbes Jahr in den verschiedenen Haltungssystemen gehalten und beobachtet.

Wurden die Hühner unter den Haltungsbedingungen untergebracht, die einer Aufstallung entsprechen würde, steht ihnen ein Innenbereich von 4 m² zur Verfügung. Hier ist über einem Kotbrett eine Sitzstange angebracht und eingestreute Nester stehen zur Eiablage bereit. Auch steht hier Futter, Grit und Wasser zur Verfügung. Zudem können die Tiere den bedachten Auslauf (6 m²) ohne Grünfläche jedoch mit Sandbad zu jeder Zeit nutzen (Abb. 4).

Den Tieren im Freiland stehen zwischen 156 m² bis 252 m² begrünte Auslauffläche zur Verfügung, sowie ein Stall mit einer Grundfläche von 6 m². Die Einrichtung besteht ebenfalls aus einem Kotbrett mit einer Sitzstange darüber, sowie Nestern und Futter, Grit und Wasser. Die Tiere hatten während der Tageslichtperiode Zugang zum Auslauf (Abb. 5).

Seit Beginn des Projektes wurde wöchentlich die aufgenommene Futtermenge dokumentiert und mit Beginn der Legeperiode die Eianzahlen und deren Gewichte protokolliert. Des Weiteren werden monatlich die Hennen gewogen und die Fußballengesundheit sowie der Gefiederzustand der Tiere beurteilt (Welfare Quality ®, 2009). Zusätzlich wird eine Eiqualitätsuntersuchung durchgeführt, in der Parameter wie z.B. Eischalenfarbe, Schalenstabilität und die Anteile von Eiweiß und Dotter erfasst werden und zwischen den Rassen, aber auch innerhalb der Rassen im Hinblick auf die verschiedenen Haltungsbedingungen, verglichen werden.

Besondere Aufmerksamkeit wird auf das Verhalten der Tiere gerichtet. Hier werden verschiedene Verhaltensexperimente jeweils dreimal im Projektverlauf durchgeführt. So können mögliche Verhaltensänderungen über den Projektverlauf bestimmt werden. Die ersten Experimente wurden vier Wochen nach dem Zusammensetzen der Zuchtgruppen durchgeführt. Die zweiten Experimente folgten nach 14 Woche und zuletzt soll ein weiterer Durchgang 24 Wochen nach Projektbeginn gemacht werden.

In den Experimenten standen die Themen Angst, Aggressivität und Stress im Vordergrund. Im Rahmen des Angstverhaltens wird die Schockstarre der Tiere, auch genannt, sowie das Verhalten in Isolation untersucht. Bei der Schockstarre werden die Tiere auf den Rücken gelegt und zehn Sekunden fixiert. Im Anschluss wird dokumentiert, wann sich die Henne wieder aufrichtet. Je länger ein Tier auf dem Rücken liegen bleibt, umso stärker ist das Angstverhalten ausgeprägt. Durch die Rückenlage und das Fixieren wird ein Räuber nachgeahmt, der das Tier packt. Durch die Schockstarre soll der Angreifer vom Tier ablassen und die Flucht ermöglicht werden.

Bei der Isolation werden die Tiere einzeln in eine reizarme Umgebung, dem sogenannten (Abb. 9), gesetzt. Das Tier wird aus einem anderen Raum heraus über eine Kamera beobachtet und zusätzlich werden Lautäußerungen über ein Mikrofon aufgenommen. Über die Kamera wird die Zeit bis zum ersten Schritt des Tieres aufgezeichnet. Mit Hilfe des Mikrofons können die Laute der Tiere aufgenommen werden. Später wird untersucht, wie lange die Tiere bis zum ersten Schritt brauchten und wann und wie viele Laute sie von sich gegeben haben. Je weniger Laute von der Henne abgeben werden, umso größer ist laut Literatur ihre Angst. Auch ein Verharren vor dem ersten Schritt wird mit der Angst des Tieres assoziiert.

Für die Untersuchungen zur Aggressivität werden die Tiere einzeln, zu zweit und in der Gruppe untersucht. Bei der Beobachtung einzelner Tiere werden diese in ein gesetzt und über eine Kamera beobachtet (Abb. 6). Hier hängt mittig im ein Federbüschel, das  aus je fünf Flug- und fünf Daunenfedern von Tieren der eigenen Rasse besteht. Über eine Kamera wird aufgenommen, wie viele Interaktionen mit diesem Federbüschel stattfinden und wie lange sich die Henne in der Nähe aufhält. Eine hohe Anzahl an Interaktion mit dem Federbüschel, z.B. starkes Bepicken, wird als aggressives Verhalten gewertet.

Im so genannten „Distanz-Experiment“ wird die Annäherung von zwei Tieren zueinander, die einander nicht kennen, beobachtet. Dabei wird eine Henne aus der Volierenhaltung einer weiteren Henne der gleichen Rasse aus der Freilandhaltung gegenübergestellt. Hier ist die Vermutung, dass ein dominantes Tier sich dem Unterlegenen annähert um es zu attackieren, während das andere Tier zurückweicht. Auch können die aufgenommenen Videos im Anschluss auf mögliches Drohverhalten hin untersucht werden. Damit die Hennen sich nicht verletzen können, sind diese durch ein Drahtgeflecht voneinander getrennt. Ziel ist es zu untersuchen, ob die Hennen aus der Volieren- oder aus der Freilandhaltung ein aggressiveres Verhalten unbekannten Artgenossen gegenüber zeigen.

Als weiteres Experiment wird in der Gruppe die Aggressivität bei der Gabe eines schmackhaften Futters  aufgenommen. Die Frage ist, in welcher Ausprägung sich die Hackordnung zeigt und ob die Intensität sich zwischen den beiden Haltungsformen unterscheidet. Dafür wird die Situation über eine Kamera aufgenommen und kann so später genauer beurteilt werden. Es soll herausgestellt werden, welche Verhaltensweisen am häufigsten auftreten. Dabei wird vor allem auf Drohgebärden, Verdrängung und Flucht einzelner Tiere geachtet und diese entsprechend ausgezählt.

Zusätzlich zu den Verhaltenstests soll möglicher Stress, verursacht durch die Haltungsbedingungen, beurteilt werden. Als eine nicht invasive Methode hat sich die Messung von Metaboliten des Stresshormons Corticosteron im Kot bewährt, weshalb diese im Projekt zum Einsatz kommt. So kann die Konzentration des Stresshormons gemessen werden, ohne, dass das Tier durch Fangen oder eine Blutentnahme in eine Stresssituation gerät, die einen Einfluss auf die Ergebnisse haben kann. Dafür werden monatlich in allen sechs Gruppen Sammelkotproben genommen. Die Kotproben werden anschließend tiefgefroren, um den Abbau des Stresshormons zu verhindern. Das Stresshormon Corticosteron kann im Labor über einen Antikörpertest nachgewiesen werden. Dafür werden die Proben getrocknet und die Corticosteronmetabolite mit Hilfe von Methanol extrahiert. Über eine genaue Einwaage der Probe kann so die Konzentration des Stresshormons bestimmt werden. So lässt sich nachweisen, in welcher Haltungsbedingung, in der Volieren- oder Freilandhaltung, die Tiere gestresster sind.

Gerade zu Zeiten, in denen uns das Thema der Vogelgrippe sehr beschäftigt, sind die hier gewonnen Informationen von großem Nutzen. Es soll festgestellt werden, ob durch derartige Aufstallungen in Innenställe mit Voliere, wie sie in solchen Fällen vorgeschrieben werden, Nachteile für die Tiere und zugleich für den Züchter entstehen und ob die Tiere solche Phasen gut kompensieren können oder diese zusätzlichen Stress für die Tiere bedeuten. Mitte 2017 wird die Arbeit abgeschlossen sein, wir sind schon jetzt sehr gespannt auf die Ergebnisse.

 

Alice Liebau

 

Zur Person: Alice Liebau

Geboren 1990 im thüringischen Rudolstadt habe ich nach dem Abschluss meines Abiturs 2008 eine Ausbildung zur Biologielaborantin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena begonnen. Nach wunderschönen drei Jahren Ausbildung kam ich 2011 nach Niederkassel, um in Bonn an der Friedrich-Wilhelms-Universität Biologie zu studieren. Nach zwei Semestern zog es mich zur der Landwirtschaft und vor allem den Nutztieren und ich wechselte in den Bachelorstudiengang der Agrarwissenschaften. Schon hier wuchs mein Interesse für Geflügel, worauf hin sich meine Bachelorarbeit mit den unterschiedlichen Haltungsbedingungen und Stressparametern bei Puten beschäftigte. Im Frühjahr 2015 schloss sich dann der Masterstudiengang der Tierwissenschaften an den Bachelorstudiengang an. Neben dem Studium arbeitete ich als Studentische Hilfskraft am Institut für Tierwissenschaften in der Abteilung für Physiologie und Hygiene. So bekam ich zusätzlich die Möglichkeit bei Geflügelsektionen aber auch an Probenahmen bei Geflügel im Rahmen von wissenschaftlichen Arbeiten teilzunehmen. Bei der Themensuche für die Masterarbeit stellte ich fest, dass ich die Finger nicht vom Geflügel lassen kann und bekam von Frau Dr. Inga Tiemann und Frau Dr. Mareike Fellmin die Möglichkeit am Wissenschaftlichen Geflügelhof des BDRG das Verhalten von Zweinutzungsrassen des Haushuhns aus unterschiedlichen Haltungsbedingungen zu untersuchen. Im März 2017 werde ich meine Masterarbeit abgeben und so mein Studium hoffentlich erfolgreich abschließen.